3 Routesetting-Fragen an: Steffen Hilger

Seit wann schraubst du? Vollzeit, Teilzeit? Eigene Teams in den Hallen oder eher Externe Schrauber?

Mit 14 Jahren fing ich 2007 nach einem Kletterkurs ganz klein mit dem Klettern an. Schnell packte mich die Leidenschaft und ich fasste Fuß in der Kletterhalle High-east und ein wenig später auch in der Boulderwelt München Ost. Mit dem Griffewaschen begann meine kleine Karriere, denn so lernte ich schnell die Kollegen, auch vom Routenbau kennen und durfte schon bald Mitschrauben, wobei ich mit Dave Cato einen wertvollen Lehrer fand. Nach wenigen Jahren übernahm ich die Leitung des Routenbaus im High-east und in der Boulderwelt München Ost. Dazu schraubte ich auch noch in Hallen selbständig kommerziell und extra für Wettkämpfe. Durch meine Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann konnte ich zusätzlich einen ganzheitlichen Blick in die diversen Abläufe einer Kletterhalle gewinnen.

Wo liegen die Unterscheide zwischen den Hallen? Welches wöchentliche Pensum hältst Du für sinnvoll, was ist gesund und wo wird’s zu viel?

Ich schraube nun seit 15 Jahren professionell und finde es ideal, eine Teilzeit-Festanstellung zu haben und darüber hinaus selbstständig (z.B. Kleingewerbe) in verschiedenen Hallen zu schrauben. Am leichtesten lässt sich das natürlich mit einer Trainerlizenz für Kletterkurse oder auch einer Bürotätigkeit in der Halle kombinieren, sodass die körperliche Belastung durch den Routenbau nicht zu groß wird. So bekommt man einen Ausgleich und erhält gleichzeitig den Einblick in andere Hallen mit neuen Anregungen. Aus Sicht der Kletterhalle ist es wichtig, ein eingespieltes Team an eigenen Schraubern zu haben. Aber ebenso wertvoll ist es, immer wieder externe Routenbauer im Hause zu haben, um den Kunden die gewünschte Vielfalt zu bieten. Meine Meinung wäre hierzu ein Verhältnis von 75% zu 25%. Die Kundenzufriedenheit steht hier an oberster Stelle.

Die Unterschiede zwischen den Hallen liegen im Blick auf den Routenbau darin, wie viel die Leitung schon vorbereitet hat. Wenn alle Griffsets schon parat stehen und man direkt loslegen kann, schafft man deutlich mehr, als wenn man erst die Sets sortieren muss, die Hebebühne erklärt bekommt oder man sich erstmal auf die Suche nach Werkzeug begeben muss.

Das Wochenpensum hängt stark davon ab, ob man Boulder baut, Routen aus dem Gurt schraubt, oder eine bequeme Hebebühne zur Verfügung hat. Nach zwei Tagen hintereinander den schwersten Boulderparcour zu schrauben und zu testen ist man auf jeden Fall durch und braucht sich für den dritten Tag nichts mehr vornehmen. Aus dem Gurt ist es ähnlich anstrengend, wobei man mit mehr Routine und vor allem Seiltechnik immer effektiver wird. Den ersten Tag aus dem Seil zu schrauben (womöglich noch überhängend) wird so schnell sicher keiner vergessen! Das Arbeiten aus der Hebebühne erfordert eine gewisse Vorstellungskraft und Erfahrung, doch wenn man diese erlangt hat, ist das Bauen hier eindeutig am angenehmsten und effizientesten. So lassen sich auch mehrere Tage pro Woche aus der Bühne bauen. In allen Fällen sollte man vorsichtig beim Heben schwerer Griffkisten sein, denn dies ist eine enorme Belastung für den Rücken. In jungen Jahren ist man sicherlich resistenter und steckt auch vier Tage Schrauben pro Woche weg, doch bald merkt man, dass nicht mehr allzu viel Energie und Haut für die eigenen Projekte am Fels bleibt und die Leistung stagniert. Spätestens dann ist es zu viel. Daher meine Empfehlung der Kombination mit einem „nicht-körperlichem“ Arbeitsplatz.

Wo hat sich der Routenbau hin entwickelt?  Was würdest du Kletterbegeisterten raten, die Schrauben möchten? Wie macht es Sinn einzusteigen?

Grundsätzlich werden die Griffe in den Hallen immer größer und immer mehr Volumen finden Platz an den Wänden. Gerade beim Bouldern ist der Stil in den letzten Jahren deutlich dynamischer geworden. Das Wichtigste ist aber auch hier die Kundenzufriedenheit. Ein cooler Boulder, der einfach schön aufgeht oder eine flüssige Route mit Standard-Zügen sind meist deutlich beliebter als abgefahrene Bewegungen oder gezwungene Moves durch unangenehm gesetzte Tritte, nur um eine Stelle so hinzubiegen, wie man sie sich als Schrauber vorgestellt hat.

Wenn man neu anfangen möchte, ist es sinnvoll, die Community in der lokalen Halle besser kennenzulernen, zusammen bouldern/klettern zu gehen und das Interesse spürbar zu machen. Bestimmt besteht die Möglichkeit einmal Mitzuschrauben auf freiwilliger Basis, denn hier lernt man und jeder Tipp ist wichtig. Auf der anderen Seite gibt es auch Routenbaukurse vom DAV, für die man sich anmelden kann. Danach heißt es dranzubleiben, Erfahrungen zu sammeln und sich in verschiedenen Hallen einen Namen zu machen, denn die wenigsten Routenbauer finden tatsächlich einen 40 Stunden-Job in nur einer Halle.

Du willst mehr über Steffen erfahren? Dann schau auf seiner Hompage vorbei: http://steffenhilger.de/